Er sitzt in seinem Zimmer und grübelt, was er als nächstes machen könnte.
Er ist allein. Er schaut aus dem Fenster und sieht, daß draußen ein heftiger
Schneesturm tobt. Der Wind wirbelt die Flocken wild hin und her. Obgleich er
die Heizung an hat, ist ihm kalt. Während er seine Augen über den Schreibtisch
gleiten lässt, sieht er eine dicke Staubschicht auf seinem Tintenfässchen, welche
er angewidert fortbläst. „Ich habe lange nicht mehr geschrieben“ sagt er sich. Er nimmt
das Fäßchen und wischt den letzten Rest Staub mit der Hand vom Deckel und zerreibt ihn
gedankenverloren zwischen den Fingern. Er überlegt, worauf er wartet. Langsam dreht er den
Deckel ab, der sich mit einem schmatzenden Geräusch vom Glas löst. Während er den
Füllhalter in das Glas taucht überlegt er wem, und was er schreiben soll. Das Schneetreiben
hat immer noch nicht aufgehört. Er kaut nervös auf dem Füllhalterende herum und schreibt:
„ich gehe zu meinem Pferd“.
Er ist allein zu hause. Sein Enkelkind ist in der Schule und seine Tochter bei der Arbeit.
Er stapft hinaus ins kalte Treiben. Dick in Schal, Mütze und Jacke eingemummt geht er in Richtung
Wiese. Einmal versinkt er fast in einer Schneewehe. Seine Nase ist rot und eisig. Der scharfe Ostwind
peitscht ihm die Kälte und die Schneeflocken kräftig ins Gesicht. Der Wind heult und stürmt so heftig,
daß der Mann ins Wanken kommt, sich fängt und weiter stiefelt. Er kann nichts mehr sehen, und
wischt sich die Flocken so gut es geht von den Augen. Sein ganzes Gesicht brennt. Endlich kommt er
zu seinem Pferdestall. Die Türe läßt sich nur schwer aufdrücken, doch dann schafft er es. Sie öffnet
sich mit lautem Knarren. Ihm strömt Wärme entgegen. Es riecht nach Heu und Pferd. Das alte Tier schaut
ihn mit warmem Blick entgegen und schnaubt. Aus seinen Nüstern dampft es. Der Alte wundert sich nicht,
als es sich hinlegt. Er kuschelt sich an sein treues Tier und beide schließen die Augen. Ihre Körper
werden langsam kalt. – Am Grab sagt seine Tochter zu ihrem Sohn: „und er wollte nur zu seinem Pferd“.
17.12.1997 by Marius Jacob